Offizielle Planungen

Die „offiziellen“ Planungen für den Bereich Alexanderplatz / Grunerstraße: Der Bebauungsplan I-B4a (verabschiedet 1999) und ein Ausschnitt aus dem „Vertiefungsbereich Molkenmarkt“ des Planwerk Innenstadt (Stand 1999), vorgelegt vom Senator für Stadtentwicklung.

Die Planungen des Berliner Senats im Bereich Alexanderplatz

Heutzutage gibt kaum jemand, der die vorgefundene Situation mit den vielspurigen Strassen, den grosszügigen Parkplätzen in der Strassenmitte und die weitgehende Verbannung der Fußgänger unter die Erde uneingeschränkt gutheissen würde. Diese Tatsache macht hellhörig. Laufen wir mit der einmütigen Ablehnung der, zugegeben unwirtlichen Fragmente der „autogerechten Stadt“ nicht genau wie die Planergeneration vor uns Gefahr, gewachsene (ja!) Strukturen unserer Stadt zu vernichten, weil sie nicht unserem aktuellen städtebaulichen Geschmack entsprechen?

Damals wurden Dichte und Multifunktionalität als rückständig gebrandtmarkt und vernichtet. Diese Entwicklung wird heute allgemein bedauert. Unter Umständen sind wir jedoch dabei, einen begangenen Irrtum mit einem neuerlichen ungeschehen machen zu wollen. Ob dies der richtige Weg ist, bezweifele ich.

Gerade am Alexanderplatz wird nun versucht, durch verschiedene Massnahmen den heutigen Charakter zu verändern, genauer gesagt, zu zerstören. Die vorliegenden Entwürfe, dies zeigen der (bereits verabschiedete) Bebauungsplan und der Vorschlag des Planwerk Innenstadt für den „Vertiefungsbereich“ um den Molkenmarkt, versuchen, die vorhandenen, in der Nachkriegszeit geschaffenen bzw. nicht gefüllten Leerräume durch simples Nachverdichten zu füllen. Das Ideal der Planer ist die „europäische“ Stadt. Im Namen dieses dubiosen Ideals wird versucht, Dichte durch die Zerstörung von Leere zu generieren.

Hierbei ist auffällig, dass die Funktion die die neugeschaffenen Bauvolumen haben sollen, in den meisten Fällen sekundär ist. Das wichtigste Merkmal der Projekte ist, dass vormals leere Flächen, „zu breite“ Strassen, „zugige“ Plätze etc. verengt werden. Die aus dieser Ideologie heraus geplanten Bauten werden dann mit einem städtebaulichen Allzweckfüllmittel namens BüroDienstleistungShoppingEigentumswohnungen gefüllt. Städtebauliche Strategien werden primär über Volumen definiert, nicht über Inhalte und Funktionen. Irrationalitäten, Emotionalität, „Heimatgefühl“, Tradition wie sie beispielsweise die Ostberliner zum „Alex“ entwickelt haben, werden nicht berücksichtigt.

Mein Ansatz im vorliegenden Projekt geht eher dahin, Qualität, Charakter und Einzigartigkeit des vorgefundenen Ortes zu würdigen und ihn aus dem Bestand heraus zu entwickeln. Es geht mir darum, den weiten, leeren Raum neu zu rhythmisieren. Es geht darum, ihm mit neuen Verbindungen neue Möglichkeiten zur Entwicklung zu geben. Mein Projekt ist das erste in einer Reihe von neuen, attraktiven Funktionen, deren Erschließung und Infrastruktur bereits existiert, bis heute jedoch in einem Dornröschenschlaf vor sich hindämmert. Ich glaube nicht, dass „Dichte“ allein wie in den vorliegenden, offiziellen Planungen durch physische Verkleinerung oder Verengung von Räumen, sondern vielmehr durch funktionale Verdichtung erreicht werden kann.

Das von mir vorgeschlagene Projekt geht auf diese Merkmale ein und entwickelt sie pragmatisch und kreativ weiter. Wie bereits im Exposé (Dezember 1999) beschrieben, geht es mir darum, auf die horizontalen Schichten des Platzes hinzuweisen, sie zu „bespielen“ und in räumlich-funktionale Zusammenhänge zu bringen.